Bei den Bemühungen, den Hunger auf der Welt zu beenden, werden Subsistenz- und Kleinbäuerinnen und – bauern seit Jahrzehnten von Politik und Forschung vernachlässigt, als „Auslaufmodelle” bezeichnet. Es herrscht überwiegend die Überzeugung, dass nur größere wirtschaftliche Einheiten imstande sind, durch moderne und rationalisierte Anbaumethoden die propagierte erforderliche globale Produktionssteigerung zu erbringen. Aber stimmt das wirklich?
Rückgrat der Welternährung
(Klein-)Bäuerinnen und Bauern sind nachwievor das Rückgrat der Welternährung. Sie produzieren rund 70 Prozent der weltweit verwendeten Nahrungsmittel – in manchen Ländern, wie etwa den USA, sogar über 80 Prozent. Mehr und mehr wird die bäuerliche landwirtschaft jedoch von der agro-industriellen verdrängt. Vor allem (klein-) bäuerliche Erzeuger*innen, nomadische Viehhalter*innen, indigene Gemeinschaften und Landarbeiter*innen sind hiervon betroffen.
Beispiel Afrika: Sinkende Chancen auf dem einheimischen Märkten
In westafrikanischen Ländern, wie etwa in Kamerun Nigeria oder Burkina Faso, werden die Bäuer*innen ihre Milch auf dem lokalen Markt nicht mehr los, weil importiertes Milchpulver so billig ist, dass keiner den höheren Preis für die regionale Milch mehr bezahlen will. So sind zahllose Bauernhöfe sowie die weiterverarbeitenden örtlichen Betriebe in ihrer Existenz bedroht.
Beispiel Asien: Unbezahlbare Abhängigkeit von Gen-Saatgut
Der Einsatz von Gen-Saatgut hat mancherorts bereits die 100 Prozent Marke erreicht. Folgerichtig steigt der Einsatz von Dünger und Pestiziden und damit die Kosten für die Bäuerinnen und Bauern. Jedes Jahr verschulden sich in Indien Bauern beim Einkauf von im Labor gezüchtetem und nicht auf natürliche Weise vermehrbarem Saatgut internationaler Konzerne wie etwa Monsanto so hoch, dass sich jährlich hunderte von ihnen aus Verzweiflung das Leben nehmen.
Beispiel Südamerika: Zunehmender Anbau von Exportprodukten in Monokulturen
In Lateinamerika verlieren u.a. immer mehr indigene Bevölkerungsgruppen ihre Lebensgrundlage, da (Regen-)Wälder und Savannengebiete großflächig in Ackerfläche für den Anbau von Export-Soja umgewandelt werden.
Beispiel Europa: Wachse mit oder weiche
Auch in Europa geben immer mehr bäuerliche Betriebe auf, da sie dem Kostendruck und den Anforderungen der Lebensmittelbranche nicht länger Stand halten können.
EU-weit wurde allein zwischen 2003 und 2013 der Betrieb von über einem Viertel aller Bauernhöfe eingestellt. Vor allem, wenn ihre landwirtschaftliche Fläche unter 100 ha groß ist. Ihre Flächen übernahmen andere und so bewirtschaften heute nur 3,1 Prozent aller Betriebe mehr als die Hälfte des Agrarlandes innerhalb der EU.