Um das eigene Leben, wie auch die eigene Gesellschaft und die Welt mitgestalten zu können, soll Schule insbesondere Kompetenzen fördern bzw. die notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, um zu einer nachhaligen Entwicklung beizutragen. Dabei - und bei der Themenauswahl - bezieht sich der Orientierungsrahmen auf das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung mit seinen fünf Dimensionen und Handlungsebenen: Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Umwelt sowie Kultur.
Kompetenzen
Lernende sollen befähigt werden:
- Sich Informationen zu beschaffen, und sich aktiv mit diesen auseinanderzusetzen; die Welt in ihrer Komplexität zu verstehen („Erkennen");
- Mit Widersprüchlichkeiten umgehen und diese beurteilen zu können („Bewerten"); und
- sich aktiv und verantwortungsvoll in die Gestaltung der Welt einzubringen („Handeln").
In der Kurzfassung des Orientierungsrahmens werden diese folgendermaßen zusammen gefasst:
I. ERKENNEN
Dieser Kompetenzbereich hebt – angesichts der raschen und oft widersprüchlichen globalen Prozesse – die Notwendigkeit der Gewinnung und Analyse von Informationen zur globalen Entwicklung hervor. Aufgrund der exponentiellen Zunahme von Wissen in den relevanten Disziplinen wird es immer schwieriger, Grundwissensbestände zu definieren und zu aktualisieren.
Die verschiedenen Kernkompetenzen ermöglichen den Schülerinnen und Schülern,
1. Informationen zu Fragen der Globalisierung und Entwicklung zu beschaffen und themenbezogen zu verarbeiten.
(Kernkompetenz 1: Informationsbeschaffung und -verarbeitung)
2. die soziokulturelle und natürliche Vielfalt in der Einen Welt zu erkennen.
(Kernkompetenz 2: Erkennen von Vielfalt)
3. Globalisierungs- und Entwicklungsprozesse mit Hilfe des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung fachlich zu analysieren.
(Kernkompetenz 3: Analyse des globalen Wandels)
4. gesellschaftliche Handlungsebenen vom Individuum bis zur Weltebene in ihrer jeweiligen Funktion für Entwicklungsprozesse zu erkennen.
(Kernkompetenz 4: Unterscheidung gesellschaftlicher Handlungsebenen)
II. BEWERTEN
Der zweite Kompetenzbereich thematisiert die kritische Reflexion unterschiedlicher Werte und Lebensbedingungen sowie die Identitätsentwicklung auf der Grundlage solcher Reflexionen. Er fordert die Bewertung von Widersprüchen und Konfliktpotentialen zwischen den Zieldimensionen globaler Entwicklung. Dies benötigt Empathie und Perspektivenwechsel, die über die Irritation gewohnheitsmäßiger Weltsichten zu neuen Einsichten und veränderten Einstellungen führen können.
Die Schülerinnen und Schüler können...
5. eigene und fremde Wertorientierungen in ihrer Bedeutung für die Lebensgestaltung reflektieren.
(Kernkompetenz 5: Perspektivenwechsel und Empathie)
6. durch kritische Reflexion zu Globalisierungs- und Entwicklungsfragen Stellung beziehen und sich dabei an der internationalen Konsensbildung, am Leitbild nachhaltiger Entwicklung und an den Menschenrechten orientieren.
(Kernkompetenz 6: Kritische Reflexion und Stellungnahme)
7. Ansätze zur Beurteilung von Entwicklungsmaßnahmen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Rahmenbedingungen erarbeiten und zu eigenständigen Bewertungen kommen.
(Kernkompetenz 7: Beurteilen von Entwicklungsmaßnahmen)
III. HANDELN
Der dritte Kompetenzbereich umfasst Konfliktlösung und Verständigung, Kreativität und Innovationsbereitschaft als Voraussetzungen zur Mitgestaltung von Entwicklungsprozessen. Im Zentrum stehen die begründete Wahl einer Handlungsweise, die Klärung von Norm- und Interessenkonflikten sowie die Abschätzung direkter und indirekter Folgen von Handlungen. Komplexe Situationen und schneller Wandel erfordern dabei die Fähigkeit, mit Ungewissheit und Widersprüchen umgehen zu können.
Die Schülerinnen und Schüler können...
8. Bereiche persönlicher Mitverantwortung für Mensch und Umwelt erkennen und als Herausforderung annehmen.
(Kernkompetenz 8: Solidarität und Mitverantwortung)
9. soziokulturelle und interessenbestimmte Barrieren in Kommunikation und Zusammenarbeit sowie bei Konfliktlösungen überwinden.
(Kernkompetenz 9: Verständigung und Konfliktlösung)
10. die gesellschaftliche Handlungsfähigkeit im globalen Wandel vor allem im persönlichen und beruflichen Bereich durch Offenheit und Innovationsbereitschaft sowie durch eine angemessene Reduktion von Komplexität sichern und die Ungewissheit offener Situationen ertragen.
(Kernkompetenz 10: Handlungsfähigkeit im globalen Wandel)
11. und sind auf Grund ihrer mündigen Entscheidung bereit, Ziele der nachhaltigen Entwicklung im privaten, schulischen und beruflichen Bereich zu verfolgen und sich an ihrer Umsetzung auf gesellschaftlicher und politischer Ebene zu beteiligen.
(Kernkompetenz 11: Partizipation und Mitgestaltung)
Themen
Kompetenzorientierter Unterricht bedeutet nicht, dass Themen, Projektideen und authentische Begegnungen im Lernprozess zurückgedrängt werden. Sie haben gerade in der Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Partner*innen große Bedeutung. Einstieg und Motivation werden weiterhin über inhaltliche Impulse laufen.
Der Orientierungsrahmen schlägt 21 Themenbereiche für den Unterricht vor, die den Lehrplänen der Unterrichtsfächer entnommen wurden. Zugleich erwartet er aber, dass Lehrende diese mit Kompetenzen, also mit dem Wissen, den Fähigkeiten und Fertigkeiten, Einstellungen und Haltungen, die es ermöglichen, Probleme zu lösen, verbinden.
Die folgende Themenliste der ersten Ausgabe des Orientierungsrahmens wird ausdrücklich als nicht vollständig und entsprechend erweiterbar beschrieben.
1. Vielfalt der Werte, Kulturen und Lebensverhältnisse
2. Globalisierung religiöser und ethischer Leitbilder
3. Geschichte der Globalisierung: Vom Kolonialismus zum „Global Village"
4. Waren aus aller Welt: Produktion, Handel und Konsum
5. Landwirtschaft und Ernährung
6. Gesundheit und Krankheit
7. Bildung
8. Globalisierte Freizeit
9. Schutz und Nutzung natürlicher Ressourcen und Energiegewinnung
10. Chancen und Gefahren des technologischen Fortschritts
11. Globale Umweltveränderungen
12. Mobilität, Stadtentwicklung und Verkehr
13. Globalisierung von Wirtschaft und Arbeit
14. Demographische Strukturen und Entwicklungen
15. Armut und soziale Sicherheit
16. Frieden und Konflikt
17. Migration und Integration
18. Politische Herrschaft, Demokratie und Menschenrechte (Good Governance)
19. Entwicklungszusammenarbeit und ihre Institutionen
20. Global Governance – Weltordnungspolitik
21. Kommunikation im globalen Kontext