Der Ölkonzern Chevron-Texaco hat in den siebziger und achtziger Jahren nach eigenen Angaben über 68 Milliarden Liter ölverseuchte Abwasser in den ecuadorianischen Amazonasregenwald, in die Flüsse und auf die Felder verklappt. Die ökologischen, sozialen und ernährungsbezogenen Folgen sind für die dort lebenden indigenen Völker verheerend. Zwei indigene Gruppen sind dort bereits aufgrund der Tätigkeiten der Ölindustrie ausgerottet. Die Verletzungen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte ist eklatant, so ist z.B. die Krebsrate zweieinhalb Mal so hoch wie im Durchschnitt Ecuadors, die Vertreibungen der Menschen gefährden ihre verbrieften Rechte auf Wohnen, Ernährung, sauberes Trinkwasser und kulturelle Entfaltung.
Vor diesem Hintergrund entwickelte im Jahr 2007 ein breites Bündnis aus indigenen Völkern und der zivilgesellschaft Ecuadors die „Yasuní-ITT-Initiative“ in Bezug auf den Yasuní-Nationalpark und die dort enthaltenen Erdöl-Explorationsgebiete „ITT“. Die Idee ist einfach: Das große Erdölfeld unter dem Yasuní-Nationalpark verbleibt für immer im Boden, es wird nicht gefördert. Ecuador verzichtet dabei auf die Hälfte der entgangenen Erlöse, die internationale Staatengemeinschaft, allen voran die großen „Klimasünder“, kommt für die andere Hälfte auf, ca. 3,5 Mrd. US-Dollar. Die Ecuadorianische Regierung nahm diese Idee auf, als konkrete Umsetzung der neuen Verfassung von 2008, die der Natur einen eigenen Rechtsstatus zugesteht, Menschenrechte schützt und das „Gute Leben“ als Staatsziel definiert.
Unzählige Umwelt- Menschenrechts- Entwicklungsorganisationen (auch der VEN), Politiker_innen, Wissenschaftler_innen, Promis und Einzelpersonen riefen dazu auf, sich an diesem wichtigen Schritt in Richtung einer „Gesellschaft nach dem Erdöl“ zu beteiligen. Der Deutsche Bundestag hatte 2008 einen Entschluss zur Förderung der Initiative erwirkt. Der ehemalige Entwicklungsminister Dirk Niebel weigerte sich jedoch jahrelang, sie umzusetzen und in den Treuhandfonds der Vereinten Nationen, der die Gelder zur Finanzierung der Initiative verwaltete, einzuzahlen. Diese Verweigerungshaltung hatte der Initiative weltweit einen deutlichen Dämpfer gegeben. Im August 2013 kündigte der ecuadorianische Präsident Rafael Correa die Initiative dann überraschend auf. Er begründete seine Entscheidung mit unzureichenden Einzahlungen in den Fonds, sodass die Ecuadors Perspektive, nennenswerte Mittel zur Armutsbekämpfung aus dem Fonds nutzen zu können, gescheitert sei. In dem Zug kam die kritische Frage auf, ob die ecuadorianische Regierung die Initiative tatsächlich jemals wirklich gewollt hatte oder ob eine Förderung des Öls unter den Erdölblöcken ITT nicht doch von vornherein geplant war. Wichtig zu wissen, dass parallel zur Yasuní-ITT-Initiative die ecuadorianische Regierung ein Gebiet im zentralen und südlichen Amazonaswald von der zehnfachen Größe des Yasuní zur Konzessionierung an interessierte Mineralölkonzerne frei gegeben hat. Dort leben sieben indigene Völker, die in ihrer Anzahl ein Vielfaches des Yasuní ausmachen. Diesen Waldgebiete drohen jetzt Verseuchung, Abholzung und den Menschen die Vertreibung, notfalls mit militärischer Gewalt.
Der VEN ist Gründungsmitglied und aktiver Bestandteil der bundesweiten Yasuní-Initiative, die sich weiterhin für den Schutz des Yasuní-Nationalparks einsetzt. Mehrere Gründe sprechen dafür:
Der Yasuní-Nationalpark hat sogar innerhalb des Amazonasgebietes eine ansonsten unerreicht hohe Artenvielfalt.
Es leben dort zwei Bevölkerungsgruppen in freiwilliger Isolation, deren Leben und Kultur unmittelbar gefährdet ist, sollten Ölförderpläne verwirklicht werden, es ist also auch eine Menschenrechtsfrage.
Die Idee, das Erdöl im Boden zu lassen, hat weltweit Kreise gezogen und ist ein Kristallisationspunkt der wachsenden Bewegung für Alternativen zum fossilen (= erdölgetriebenen) Wachstums- und Entwicklungsmodell.
Hier finden Sie unser Positionspapier zur Yasuní-ITT-Initiative von 2013
Hier die Stellungnahme des Bündnisses zur Aufkündigung der Initiative, August 2013